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betrieb & gewerkschaft

EU - Lohndumping per Gesetz

Sabine Wils

Liberalisierung der Bodendienste - ein Beispiel für die generelle Strategie der EU im Umgang mit den Rechten von Beschäftigten

Am 5. Juli 2012 demonstrierten in Straßburg mehr als 500 Beschäftigte gegen eine weitere Liberalisierung im Bodenabfertigungsbereich der Flughäfen. Während der von der Gewerkschaft ver.di sowie der Europäischen Transportarbeiter Föderation organisierten Aktion vor dem Europaparlament protestierten die Beschäftigten gegen die Pläne der EU-Kommission, den europäischen Markt für Flughafen-Bodendienste weiter zu liberalisieren.

Die EU-Kommission hatte im Dezember 2011 ein "Flughafenpaket" vorgelegt, welches unter anderem eine weitere Öffnung des Marktes für Bodenabfertigungsdienste vorsieht. Nach dem ersten Liberalisierungsschritt im Jahr 1996 wurden bereits weitere Bodendienstabfertigungsunternehmen auf den Flughäfen zugelassen. Das hat zu erheblichen Verschlechterungen für die Bodendienstbeschäftigten bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen geführt. Jetzt hat die EU-Kommission festgestellt, dass sich die Qualität der Abfertigung angeblich verschlechtert haben soll und will deshalb noch mehr Unternehmen zulassen. Der Vorschlag der Kommission (KOM (2011) 824 endgültig) sieht zwar eine Reihe von Vergabevorschriften vor, enthält jedoch keinerlei Vorschriften zu sozialen Standards und keine konkreten Vorgaben zur Qualität der Ausbildung der Beschäftigten.

Dieser Verordnungsentwurf der Kommission ist ein weiterer Angriff auf die Rechte der Beschäftigten und verschärft den Preis-Unterbietungs-Wettbewerb im Bodendienstsektor weiter. Schon die erste Liberalisierung führte an deutschen Flughäfen zu Lohnsenkungen von bis zu 20 %. Eine weitere Liberalisierung würde zum weiteren Lohndumping und zu einer noch höheren Unsicherheit bei den Beschäftigten führen. Die Liberalisierung der Bodendienste ist jedoch nur ein Beispiel für die generelle Strategie der Europäischen Union im Umgang mit den Rechten von Beschäftigten. Schon bei der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte sowie im Postsektor betätigte sich die EU als Lohndrücker. So führte die Liberalisierung und Privatisierung des Postmarktes in Deutschland zu Lohnrückgängen von bis zu 30 % und eine Reduzierung von Post-Filialen um fast 50 % bei der Deutschen Post AG. Deren neuentstandenen Wettbewerber machten mit Dumpinglöhnen sowie mit der Unterdrückung von Betriebsräten auf sich aufmerksam. Der Wettbewerb in der Marktwirtschaft reduziert sich auf die Suche nach den niedrigsten Löhnen der Beschäftigten.

Der neoliberale Dreiklang "Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung" ist fester Bestandteil der Strategie der Europäischen Union und zementiert in den Verträgen von Maastricht bis Lissabon. Dabei werden Beschäftigtenrechte sukzessiv beschnitten und soziale Standards ausgehebelt, womit auch gleichzeitig die Qualität der angebotenen Dienstleistungen und Produkte gesenkt wird. Gerade im Luftverkehr kann dies auch gravierende Auswirkungen auf die Sicherheit haben.

Aber gerade jetzt in der Wirtschafts- und Finanzkrise kommt es darauf an, dass die Beschäftigten europaweit Löhne bekommen, von denen sie leben können.

DIE LINKE steht solidarisch an der Seite der protestierenden Beschäftigten der Bodendienste und lehnt die Pläne der EU-Kommission für mehr Wettbewerb in der Bodenabfertigung konsequent ab. Wir brauchen ein soziales Europa und keine Dumpinglöhne per Gesetz.

Sabine Wils, MdEP, DIE LINKE im Europaparlament