DGB startet Kampagne gegen Union Busting
Elmar Wigand
Seit 2011 erforsche ich gemeinsam mit dem Publizisten Werner Rügemer die systematische Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung in Deutschland. Wir haben dafür den Begriff "Union Busting" aus der US-amerikanischen Umgangssprache entlehnt, auch weil das Phänomen seit etwa 2001 aus den USA über den großen Teich gewandert ist. Nur mit viel Geduld und Überzeugungsarbeit war es uns gelungen, das Thema bei der IG Metall-nahen Otto Brenner Stiftung (OBS) durchzubringen. Im Mai 2014 veröffentlichte sie unsere Studie "Union Busting in Deutschland" als Arbeitsheft 77.
Im Mai 2016 präsentierten der DGB und die DGB Rechtsschutz GmbH die Kampagne "Stop Union Busting!" und beziehen sich direkt auf unsere Vorarbeit. Das ist erst einmal gut so. Dadurch vergrößert sich die Chance, einen gesellschaftlichen Diskurs um Unternehmerkriminalität in Arbeitsbeziehungen zu etablieren. Leider herrscht in Mainstream-Medien immer noch die Tendenz vor, Betriebsratszermürbung als unzusammenhängende Reihe bedauerlicher Einzelfälle zu sehen. Die Systematik dahinter wird ebenso ausgeblendet wie die weit verzweigten Netzwerke der Union Buster in neoliberalen, transatlantischen Eliten.
So lobenswert die DGB-Kampagne grundsätzlich ist, gibt es leider derzeit zwei grundlegende Fehler in der Ausrichtung der Kampagne "Stop Union Busting!", die hoffentlich noch behoben werden:
1. Keine Hilfe: Auf der Kampagnenwebsite lesen wir tatsächlich: "Wenden Sie sich bitte immer zuerst an die örtliche Verwaltungs- oder Geschäftsstelle Ihrer Gewerkschaft. Eine Online-Rechtsberatung ist ebenso wie telefonische Auskünfte nicht möglich." Das ist mehr als enttäuschend, es ist ein strategischer Fehler. Zu den Entstehungsbedingungen von Union Busting gehört nicht zuletzt auch eine Überlastung, Überdehnung und Ausdünnung gewerkschaftlicher Strukturen an der Basis. Wie kann der DGB aber das Thema aufgreifen, ohne eine direkte Anlaufstelle anzubieten? Der Rückverweis auf ohnehin überlasteten Strukturen vor Ort macht ratlos.
2. Die Mobbing-Falle: Hardcore-Juristen wie Helmut Naujoks und Dirk Schreiner betrieben ihr schmutziges Handwerk seit 2001 ohne größere Gegenwehr. Wie konnten sie es beinahe unentdeckt betreiben und ihr Business flächendeckend ausbauen? Der Diskurs um Mobbing hat das Thema m. E. überlagert. Die gezielte Zermürbung von Betriebsräten wurde - auch mit Hilfe einer gut geölten Mediationsindustrie - lange Jahre erfolgreich als zwischenmenschliches, atmosphärisches Problem umgedeutet. Obwohl wir diesen Zusammenhang in unserer OBS-Broschüre ausführlich dargestellt haben, empfiehlt die DGB-Kampagne Betroffenen, ein Mobbing-Tagebuch zu führen. Wir halten das für höchst problematisch bis gefährlich. Sobald Betroffene anfangen, sich selbst als Mobbing-Opfer wahrzunehmen, können sie auf eine Rutschbahn in die Depression oder andere seelisch bedingte Erkrankungen geraten. Auch enden entsprechende Mobbingprozesse, für die ein solches Tagebuch wohl dienen soll, selten erfolgreich.
Das einzige Rezept gegen Union Busting ist Organisierung mit und in der Belegschaft - entlang konkreter Anliegen. Und als Prophylaxe gegen Burnout und Depressionen kann das Engagement in einem lokalen Solidaritätskomitee Wunder wirken.
Elmar Wigand ist Mitbegründer der »aktion ./. arbeitsunrecht« und Redakteur des Blogs arbeitsunrecht.de