Aus unseren Kämpfen lernen – Von der 4. Streikkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Fanni Stolz und Julia Kaiser
Mehr als 800 Menschen versammelten sich vom 15. bis 17. Februar anlässlich der 4. Konferenz gewerkschaftlicher Erneuerung in Braunschweig. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende einte der Wunsch, sich über Erfahrungen aus den vergangenen Kämpfen auszutauschen und gemeinsam demokratische, konfliktorientierte und politisierende Strategien zu entwickeln.
Es waren die Erfolgsgeschichten der Gewerkschaftsaktiven, die im Zentrum der Konferenz standen. Die Beschäftigten von Teigwaren Riesa leiteten die Konferenz mit einem Bericht von ihrem derzeitigen Kampf für einen Tarifvertrag ein: "Wenn wir streiken, dann stehen alle Bänder still und dann geht nichts mehr im Unternehmen." Voller Motivation erzählten Aktive aus der Pflegebewegung in einer der zahlreichen Arbeitsgruppen von ihrer Auseinandersetzung für mehr Personal im Krankenhaus. Interessierte standen bis in den Flur, um die Debatte zu verfolgen. Auch die Berichte der Beschäftigten von Ryanair oder Deliveroo machten Mut. Gerade in diesen Sektoren, in denen gewerkschaftliche Organisierung kaum möglich erschien, regt sich Widerstand.
Impulse für Strategien der Zukunft gaben Vorstandsmitglieder von ver.di, IG Metall und GEW, der Parteivorsitzende der LINKEN Bernd Riexinger sowie Wissenschaftler wie Oliver Nachtwey (Uni Basel) und Klaus Dörre (Uni Jena). Letzterer betonte in seiner Rede, dass der Aufstieg der Rechten keinesfalls totgeschwiegen werden dürfe, da das Problem ansonsten unumgänglich größer werde. Intensive Debatten wurden auf der Konferenz vor allem außerhalb des Plenums geführt. In über 30 Arbeitsgruppen wurde sowohl branchenspezifisch als auch gewerkschaftsübergreifend diskutiert: Welche Strategien gibt es gegen Massenentlassungen? Wie gelingt internationale Gewerkschaftsarbeit? Wie gehen wir mit dem Vormarsch der AfD um? Frei nach dem Motto "Aus unseren Kämpfen lernen" berichteten gewerkschaftlich Aktive von ihren Erfahrungen und gaben damit den Einstieg für viele Debatten. Die US-amerikanische Organizerin Jane McAlevey war nicht nur das inspirierende Highlight der Konferenz, sondern sie lieferte auch sehr konkrete Antworten auf die Frage, wie Gewerkschaften wieder in die Offensive gelangen können. Im Zentrum der gewerkschaftlichen Arbeit müssen ihr zufolge immer die Beschäftigten selbst stehen. Das bedeutet, dass die Beschäftigten an den Tarifverhandlungen teilnehmen und auch an der Strategieentwicklung mitwirken. Neben der Suche nach Alternativen zu Stellvertreterpolitik wurde während der drei Konferenztage eines immer wieder betont: Angesichts des Rechtsrucks, der ökologischen Krise und der zunehmenden sozialen Spaltung müssen Gewerkschaften ihre zentrale Rolle wahrnehmen und politischer agieren.
Fanni Stolz arbeitet in der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu gewerkschaftlichen Themen. Julia Kaiser ist Praktikantin der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Team Streikkonferenz