Drohende Atomtransporte von Jülich nach Ahaus verhindern!
Ab Sommer dieses Jahres drohen Atomtransporte von Jülich nach Ahaus quer durch NRW. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat im Dezember 2024 entschieden, dass die 152 Castorbehälter mit rund 300 000 hochradioaktiven Brennelementen aus dem ehemaligen Versuchsreaktor in Jülich im Zwischenlager in Ahaus eingelagert werden dürfen, und damit eine Klage der Stadt Ahaus abgewiesen.
Im Januar 2025 hat das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) den Entwurf der Transportgenehmigung für die Jülicher Brennelemente nach Ahaus an das nordrhein-westfälische Ministerium für Wirtschaft (MWIKE NRW) als Aufsichtsbehörde geschickt mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme bis zum 21.3.2025. Sowohl der Entwurf der Transportgenehmigung als auch die Stellungnahme des MWIKE sind nicht öffentlich. Bei Genehmigung des Transports wären das 152 Schwerlasttransporter mit bestrahlten Brennelementen auf den Straßen Nordrhein-Westfalens. Pro Sattelzug kann nur ein AVR-Behälter transportiert werden. Nach derzeitiger Projektplanung wird mit einer Gesamtdauer von zwei Jahren ab Beginn der Transporte gerechnet.
Die rund 300 000 abgebrannten Brennelemente aus dem Betrieb des stillgelegten Jülicher Atomversuchsreaktors AVR werden bisher im AVR-Behälterlager am Standort des Forschungszentrums Jülich in Castor-Behältern zwischengelagert. Betreiberin des Zwischenlagers und für eine sichere Lagerung oder einen sicheren Abtransport der Brennelemente verantwortlich ist die bundeseigene Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN).
Das AVR-Behälterlager in Jülich war von 1993 bis 2013 genehmigt. Eine Verlängerung der Genehmigung erforderte jedoch Nachweise zur Erdbebensicherheit, die dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen, z.B. basierend auf einem theoretisch möglichen Extremerdbeben. Da diese kurzfristig nicht erbracht werden konnten, sprach das Wirtschaftsministerium NRW 2014 schließlich eine atomrechtliche Anordnung zur unverzüglichen Entfernung der Brennelemente aus dem bestehenden Jülicher Zwischenlager aus, diese wurde aber bis heute nicht umgesetzt. Ab dem 01.07.2013 und auch heute noch lagern die Brennelemente ohne Genehmigung in Jülich. Seit mehr als 10 Jahren versuchen unterschiedliche Bundes- und NRW-Landesregierungen, die abgebrannten Brennelemente des AVR Jülich irgendwohin abzuschieben. Das wäre mehr als genug Zeit gewesen, ein den Anforderungen genügendes neues Zwischenlager in Jülich zu errichten. Nur diese Option wurde im Bund und im Land eher wenig bis gar nicht behandelt; von der JEN wurde sie faktisch nicht verfolgt.
Aus guten Gründen setzt sich Die Linke wie viele Menschen, Initiativen und Verbände auch, dafür ein, auf die unnötigen und gefährlichen 152 Castor-Transporte von Jülich nach Ahaus zu verzichten: Schon seit 2022 ist klar, dass die Erdbebensicherheit im Jülicher Zwischenlager entgegen früherer Annahmen doch gegeben ist. Das bestätigt auch das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Damit ist der Hauptgrund für die unverzügliche Räumungsanordnung des Jülicher Zwischenlagers von 2014 entfallen. Die gefährlichen Castor-Transporte quer durch NRW haben also nun noch weniger als bisher eine Berechtigung. Nach Ausräumung der Nachweislücken zur Erdbebensicherheit kann die unverzügliche Räumungsanordnung heute aufgrund veränderter Umstände widerrufen werden. Rechtlich zulässig wäre eine Aussetzung der Räumungsanordnung und deren Flankierung durch eine Duldungsverfügung. Mit der Duldungsverfügung wäre anzuordnen, dass befristet bis zur Genehmigung und der Realisierung eines neuen Zwischenlagers oder der Wiedergenehmigung des bestehenden Zwischenlagergebäudes die vorhandenen Castorbehälter im bisherigen Lager verbleiben dürfen. Doch die für die Atomaufsicht zuständige NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) ist untätig geblieben. Das steht im klaren Widerspruch zu der Koalitionsvereinbarung von CDU und GRÜNEN in NRW für die Jahre 2022-2027. Darin heißt es wörtlich: „Wir setzen uns für eine Minimierung von Atomtransporten ein. Das gilt auch für Transporte aus anderen Bundesländern. Im Fall der in Jülich lagernden Brennelemente bedeutet dies, dass wir die Option eines Neubaus eines Zwischenlagers in Jülich vorantreiben.“
Vorliegende Gutachten zeigen ferner, dass eine kurzfristige Ertüchtigung des bestehenden Jülicher Castor-Lagers und eine langfristige Lagerung in einem möglichst sicheren Zwischenlager-Neubau in Jülich möglich sind. Doch dessen Finanzierung wurde von Bundesfinanzministern von SPD und FDP über Jahre verzögert. Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) könnte im Bund kurzfristig noch Tatsachen schaffen und wichtige Unterschriften für Grundstückskäufe in Jülich leisten, um dort ein modernes Lager für die kommenden Jahrzehnte zu ermöglichen.
Im Zwischenlager Ahaus, in das der Atommüll aus Jülich transportiert werden soll, gibt es keine Möglichkeit, defekte Castoren zu reparieren. Schon in 2036 erlischt zudem die Genehmigung des Zwischenlagers. Niemand weiß, was mit den hochradioaktiven Hinterlassenschaften dann passieren soll. Hinzukommt, dass das Ahauser Zwischenlager keine langfristige, maximale Sicherheit für den hochbrisanten Atommüll bietet. So kommt eine von der Anti-Atom-Organisation ausgestrahlt jüngst in Auftrag gegebene Studie der renommierten Sicherheitsexpertin für Atomanlagen, Dipl.-Phys. Oda Becker zu dem Ergebnis, dass das Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll in Ahaus nicht ausreichend gegen gezielte Angriffe geschützt ist.
Die Linke fordert:
Die Verantwortung für die langfristige Lagerung und Vorbereitung des Atommülls für die Endlagerung muss bei den Verursachern in Jülich verbleiben. Die Räumungsverfügung für das Zwischenlager Jülich muss umgehend widerrufen werden. Dafür ist die Atomaufsicht in NRW zuständig. Die Genehmigung der unnötigen und gefährlichen hochradioaktiven Transporte von Jülich nach Ahaus durch das BASE muss umgehend gestoppt werden! Insbesondere gibt es keine Sicherheitsgründe für die Anordnung eines Sofortvollzugs zur Durchsetzung derart gefährlicher Atomtransporte mit der Transportgenehmigung. Das wäre absurd, nachdem der Atommüll nun seit Jahren in Jülich lagert.
Die Mittel für einen möglichst sicheren Zwischenlager-Neubau in Jülich und die dafür notwendigen Grundstückskäufe müssen umgehend bereitgestellt werden. Es muss Schluss sein mit der unverantwortlichen Verschleppungstaktik der verantwortlichen, bundeseigenen Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN), die seit über zehn Jahren die sichere Lagerung ihres Atommülls sabotiert. Dringend Ihrer Aufsichtsverantwortung gerecht werden müssen insbesondere die Bundesministerien für Forschung und Finanzen, die die Option der weiteren Lagerung in Jülich bislang beharrlich ignorieren. Aber auch die schwarz-grüne NRW-Landesregierung muss Verantwortung im Aufsichtsrat der JEN übernehmen, nicht zuletzt, um die Aussagen ihres Koalitionsvertrages zur Verhinderung unnötiger Atommüll-Transporte zu erfüllen.
Das Hin- und Herschieben von Atommüll muss endlich aufhören. Längst überfällig ist ein
schlüssiges, mit den Betroffenen gemeinsam erarbeitetes Gesamtkonzept zur maximal sicheren
Langzeit-Zwischenlagerung von allen Atommüll-Sorten in Deutschland.
Die Partei Die Linke wird sich an Protesten gegen die drohenden Castor-Transporte von Jülich nach Ahaus beteiligen bzw. wenn möglich mit der Anti-AKW Bewegung und anderen Organisationen vor Ort Aktionen dagegen organisieren.