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Beschluss des Bundesparteitages am 10. Mai 2025

Zusammenführender Antrag für P.01, P.02, P.03, P.05, P.06

Die Linke steht seit ihrer Gründung für eine progressive, inklusive und solidarische Politik, die alle gesellschaftlichen Gruppen stärkt. Angesichts der veränderten gesellschaftlichen Realitäten – wie der rechtlichen und gesellschaftlichen Anerkennung vielfältiger Geschlechtsidentitäten – muss sich auch unsere Partei weiterentwickeln. Die Relevanz von Geschlechtergerechtigkeit für die Mitglieder unserer Partei zeigt sich in fünf Anträgen zur Weiterentwicklung der Parteistrukturen und Stärkung geschlechtlicher Minderheiten innerhalb der Partei. Um das Anliegen aller Antragsteller*innen und Mitglieder zu bündeln, die sich für eine gerechtere und inklusivere Parteistruktur einsetzen, führen wir sämtliche Anträge zu einem einheitlichen Gesamtantrag zusammenzuführen. Dieser Gesamtantrag soll sicherstellen, dass alle in den bisherigen Einzelanträgen geforderten Maßnahmen, Reformen und Dialogprozesse diskutiert werden. 

Der vorliegende Antrag begründet sich in der traditionsreichen Geschichte unserer Arbeiter*innen und Frauenbewegung – und reagiert zugleich auf die aktuellen gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen. Maßnahmen, wie die 50- prozentige Mindestquotierung zugunsten von Frauen, spiegeln den lang erkämpften Anspruch einer gleichberechtigten Teilhabe in der politischen Arbeit wider. Dennoch zeigt sich in der Praxis, dass offene Listen häufig als „Männerlisten“ interpretiert werden und so eine einseitige Repräsentation begünstigen. 

Zudem ist der Fortschritt im Bereich der geschlechtlichen Vielfalt unabdingbar: Die Anerkennung und Einbeziehung von trans*, inter*, nicht- binären und ageschlechtlichen Personen muss verstärkt werden, um den Diversitätsansprüchen unserer Partei gerecht zu werden. Gleichzeitig sind bestehende Strukturen und Kommunikationswege zu überdenken, um allen gesellschaftlich marginalisierten Gruppen – unabhängig von Geschlechtszugehörigkeit, sexueller Orientierung, Alter oder weiteren Merkmalen – den Zugang zu politischen Ämtern und Mandaten zu erleichtern. 

Mit diesem Antrag plädieren wir für eine transparente und inklusive Weiterentwicklung unserer innerparteilichen Prozesse. Er vereint die berechtigten historischen Grundlagen mit innovativen Ansätzen, um sowohl die fest verankerten Quotenregelungen beizubehalten als auch neue Wege zu gehen. Ziel ist es, auf Basis eines partizipativen Dialogs die bestehenden Strukturen anzupassen und so den vielfältigen Herausforderungen der gegenwärtigen Zeit gerecht zu werden.

Daher möge der der Bundesparteitag folgende Maßnahmen und Forderungen an den Parteivorstand beschließen:


1. Repräsentation, Quoten und Listenregelungen
a) Offene Listen als offene Listen behandeln

  • Es wird sichergestellt, dass bei Wahlvorgängen offene Listen nicht als „Männerlisten“ interpretiert werden. 
  • Die in der Satzung verankerte 50-prozentige Mindestquotierung zugunsten der Frauen bleibt unberührt.

b) Quotierte Listen für geschlechtliche Vielfalt

  • Es soll diskutiert werden, wie die Repräsentation von Personen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ oder ohne Eintrag gezielt gefördert werden kann – dazu sollen gegebenenfalls geeignete Modelle diskutiert werden. 
  • Dabei ist sicherzustellen, dass bestehende Errungenschaften der Frauenbewegung nicht infrage gestellt, sondern ergänzt und gestärkt werden. 

2. Anerkennung und Förderung geschlechtlicher Vielfalt
a) Sichtbarmachung und aktive Förderung von TINA-Personen*

  • Die Partei verpflichtet sich, geschlechtliche Vielfalt sichtbar zu machen und das politische Engagement von TINA*-Personen (Trans*, Inter*, Nicht-binäre und Agender-Personen) in Gremien, Wahlvorgängen und bei der Übernahme von Ämtern aktiv zu berücksichtigen. 
  • Satzungen und Ordnungen werden dahingehend überprüft, dass eine diskriminierungsfreie und inklusive Sprach- und Handhabungspraxis etabliert wird.
  • Es wird darauf hingewirkt, dass nicht-binäre Personen nicht in vorgegebene Kategorien („männlich gelesen“ bzw. „weiblich gelesen“) gezwungen werden.


b) Transformation der traditionellen Frauenplenen

  • Es wird geprüft und diskutiert, ob und inwiefern die bestehenden Frauenplenen zu FLINTA-Plenen (Frauen, Lesben, inter, non-binäre, trans und agender Personen) entwickelt werden können, ohne die erkämpften Rechte der Frauenbewegung zu verwässern.

3. Strukturreformen und organisatorische Anpassungen
Es wird darauf geachtet, dass bei der Zusammensetzung von Vorständen und Gremien unterschiedliche Hintergründe (zum Beispiel Alter, familiärer Hintergrund, Erfahrungen von Diskriminierung) berücksichtigt werden. 

  • Spezifische Schulungen, Bildungsangebote und Unterstützungsmaßnahmen werden entwickelt, um Mitgliedern aus marginalisierten Gruppen den Zugang zu Ämtern und Führungspositionen zu

erleichtern.


4. Dialogprozesse und Beteiligungsformate
a) Parteiweiter Dialog- und Debattenprozess

  • Der Parteivorstand initiiert einen umfassenden Dialogprozess.
  • Wir rufen die Landesverbände dazu auf, diesen Dialog mit regionalen Konferenzen zu unterstützen.
  • Ziel des Dialogs ist es, konkrete Maßnahmen und Handlungsoptionen zu erarbeiten, die alle in diesem Antrag zusammengeführten Anliegen berücksichtigen.
  • Besondere Formate sollen auch der wissenschaftlichen Begleitung und dem Austausch mit Expert:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Frauen- sowie LGBTIQA+-Organisationen dienen.

b) Kritische Reflexion

  • Eine fortlaufende und kritische Reflexion der geschlechtergerechten Maßnahmen in der Partei wird eingerichtet.
  • In Zusammenarbeit mit der Feministischen Kommission und weiteren relevanten Gremien sollen strukturelle Barrieren identifiziert und Maßnahmen zu ihrem Abbau entwickelt werden.

5. Umsetzung, Berichterstattung und rechtliche Prüfung
a) Konzeptentwicklung und Beschlussvorlagen

  • Auf Basis des Dialogprozesses wird ein Konzeptpapier erstellt, das konkrete Handlungsempfehlungen und verschiedene Umsetzungsoptionen darlegt. 

b) Regelmäßige Berichterstattung

  • Der Parteivorstand berichtet in regelmäßigen Fortschrittsberichten an die Mitgliedschaft sowie in den Sitzungen des Parteirats über die Umsetzung der Maßnahmen. Ein Bericht soll auf dem nächsten Bundesparteitag präsentiert werden.
  • Der abschließende Bericht soll auf dem übernächsten Bundesparteitag präsentiert werden.

Die bisherigen Anträge P01, P02, P03, P05 und P06 werden als Arbeitspapiere in den Debattenprozess
mitgenommen.