Bericht des Bundesausschusses
an die 2. Tagung des 6. Parteitages am 22. und 23. Februar 2019
Gemäß § 15 Abs. 4 (Aufgaben des Parteitages) beschließt der Parteitag über den Bericht des Bundesausschusses zur Parteientwicklung, zum Zusammenwachsen der Landesverbände in den neuen und alten Bundesländern und zur Arbeit des Bundesausschusses.
Der Bundesausschuss hat im vergangenen Berichtszeitraum drei Tagungen durchgeführt. Die Teilnahme an den Sitzungen stellt sich wie folgt dar:
- Juni 2018 - 62 Teilnehmende (Berlin)
- September 2018 - 43 Teilnehmende (Trier)
- November 2018 - 80 Teilnehmende (Berlin)
Darüber hinaus führte das Präsidium des Bundesausschusses im November eine Klausurtagung durch mit dem Ziel, die bereits festgeschriebenen Aufgaben auf der Basis der vorhandenen Beschlusslage abzustimmen, die Arbeitsweise des Präsidiums zu diskutieren und notwendige Festlegungen zu treffen.
Dementsprechend wurden die Tagesordnungen der Bundesausschusssitzungen durch das Präsidium vorbereitet. Eingeordnet in die Tagesordnung des Bundesausschusses wurden alle von der 1.Tagung des 6. Parteitages der Partei DIE LINKE überwiesenen Anträge an den Bundesausschuss, in Absprache mit den Antragstellern.
In der Junitagung wurde das neue Präsidium – bestehend aus Barbara Borchardt (Zusammenschlüsse), Mandy Eißing (Thüringen), Cornelia Swillus-Knöchel (NRW), Dr. Artur Pech (Brandenburg), Alexander Kauz (Baden-Württemberg) und Willi van Ooyen (Hessen) – gewählt.
Eingeordnet in diese Sitzung waren die vom Parteitag an den BA überwiesenen Anträge:
A.2 »Fragend schreiten wir voran« und der Antrag G.19 »50 Jahre Prager Frühling« . Zum Antrag A2 wurde eine begrenzte Debatte von 30 Minuten durchgeführt. Nach der Debatte wurde der Antrag von den Antragsteller/innen zurückgezogen.
Der Antrag G.19 wurde bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.
Ebenfalls Gegenstand dieser Sitzung war die vom Präsidium eingebrachte Vorlage zum Verfahren zur Aufstellung der Liste zur Europawahl, der nach einer begrenzten Debatte mehrheitlich beschlossen wurde. In der Debatte wurde ein vorliegender Alternativantrag diskutiert, der im Kern vorschlug, der Vertreter/innenversammlung einen Vorschlag für die Spitzenkandidat/innen zu benennen und ansonsten die alphabetische Reihung der Bewerberinnen und Bewerber zu übergeben. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt.
Aufgrund der Erfahrungen der Arbeit des Bundesausschusses in den letzten Jahren, die sich aus den Festlegungen der Satzung ergeben haben, erfolgte der Beschluss, eine eigene Satzungskommission zu bilden, um dem Parteitag eine Satzungsänderung vorzuschlagen. Das Ergebnis wurde vom Parteivorstand mehrheitlich unterstützt und wird dem Parteitag zur Beschlussfassung vorgelegt.
Auf Basis des Beschlusses des Bundesausschusses im März 2018 führte der Bundesausschuss im September 2018 anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Marx seine Tagung in Trier durch. Schwerpunkt dieser Sitzung war die Frage »Was sagt Marx der LINKEN im Jahr 2018?«. Zu dieser Veranstaltung waren zahlreiche Referentinnen und Referenten eingeladen, die sich zu unterschiedlichen Themen äußerten. Die entsprechenden Beiträge sind auf der Seite des Bundesausschusses einzusehen. Wir empfehlen allen Genossinnen und Genossen unserer Partei, sich diese Beiträge anzusehen und weiter zu diskutieren. Die Debatte im Bundesausschuss war zu einzelnen Beiträgen kontrovers. Übereinstimmend wurde festgestellt, dass wir in Zukunft unsere politische Bildung in der Partei auf allen Ebenen weiter verstärken müssen.
Ebenfalls in Trier haben wir weitere überwiesene Anträge der 1.Tagung des Parteitages behandelt: »Nulltarif ÖPNV« (G.14) und »Essbare, süße Werbemittel für bundesweite Kampagnen« (P.12). Beide wurden bei wenigen Enthaltungen bzw. wenigen Nein-Stimmen und wenigen Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.
Die Anträge G.20, G.33 und G.18 wurden von den Antragssteller/innen zurückgezogen.
In der Novembersitzung haben wir uns schwerpunktmäßig auf die Vorbereitung der Europawahlen konzentriert. Unter anderem standen die Diskussion der Schwerpunkte des Europawahlprogrammes und die Erarbeitung eines Listenvorschlages auf der Tagesordnung (entsprechend der Festlegung in der Satzung § 21 Abs. 5 der Partei DIE LINKE »der Bundesausschuss unterbreitet der Bundesvertreterversammlung einen Personalvorschlag zur Aufstellung der Bundesliste für die Wahlen zum Europäischen Parlament«). Das Ergebnis wird der VertreterInnenversammlung vorgestellt. Im Bericht möchten wir auf zwei Punkte hinweisen.
1. Der Bundesausschuss hat sich sehr frühzeitig mit der Verfahrensweise beschäftigt. Unter anderem auch mit der Frage der Spitzenkandidaturen. Sowohl in der Junisitzung als auch in der Septembersitzung wurde im Bericht des Präsidiums darauf hingewiesen, dass wir den Geschäftsführenden Parteivorstand bzw. den Parteivorstand hinsichtlich seiner Verantwortung zur Frage der Spitzenkandidatur aufmerksam gemacht haben. Nachträglich wurde diese Verantwortung in der Diskussion in der Partei in Frage gestellt. Aus Sicht des Präsidiums lag es in der politischen Verantwortung der Parteivorsitzenden und des Parteivorstandes zu klären, ob wir mit einer Doppelspitze antreten und wer unsere Spitzenkandidaten sein sollten. Das haben einige Genossinnen und Genossen anders gesehen. Hier ist aus unserer Sicht ein Klärungsbedarf für die Zukunft wünschenswert.
2. Der nun vorliegende Listenvorschlag des Bundesausschusses erfolgte auf der Basis der vorliegenden Bewerbungen aus den unterschiedlichen Landesverbänden, Zusammenschlüssen bzw. auf Eigeninitiative. Leider haben nicht alle Landesverbände entsprechende Voten abgegeben bzw. eigene Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt. Das erschwerte die Entscheidung des Bundesausschusses. Auch hier wäre es für die Zukunft wichtig, dass die Landesverbände sehr frühzeitig mit der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten beginnen und die notwendigen Beschlüsse dazu fassen. Der Bundesausschuss selbst kann nur mit den vorliegenden Bewerbungen umgehen.
In der Novembersitzung wurde auch die Situation in unserer Partei diskutiert, insbesondere vor dem Hintergrund des Versprechens der Parteivorsitzenden und der Fraktionsvorsitzenden, die bestehenden Konflikte zunächst in einer Fachtagung und dann in einer gemeinsamen Klausurtagung des Parteivorstandes und der Bundestagsfraktion durchzuführen. Aufgrund der weiteren Zuspitzung des Konfliktes und der aus Sicht des Präsidiums ungenügenden politischen Führung der Lösung des Konfliktes durch den Parteivorstand, reichte das Präsidium einen Dringlichkeitsantrag an den Bundesausschuss ein. Im Kern ging es einerseits um die Erwartung des Bundesausschusses an die Mitglieder des Parteivorstandes und der Bundestagsfraktion bezüglich der inhaltlichen Auseinandersetzungen eine sachliche Diskussion zu führen, sich auf einheitliche Positionen im Grundsätzlichen zu verständigen und mit denen in der Öffentlichkeit zu arbeiten und die öffentlich ausgetragenen Personaldebatten um die Fraktions- und Parteispitze umgehend zu beenden. Andererseits um die Aufforderung an den Parteivorstand und die Bundestagsfraktion, angesichts der weltweiten Entwicklung, der zunehmenden Rechtsentwicklung in Deutschland und Europa sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern zu konzentrieren, die Europa- und Kommunalwahlen 2019 inhaltlich und strategisch gut vorzubereiten. Nach einer kontroversen Debatte wurde mehrheitlich entschieden, den vorliegenden Antrag erst in der Bundesausschusssitzung im März abzustimmen.
Nach der Teilnahme des Präsidiums an der gemeinsamen Sitzung des Parteivorstandes und der Bundestagsfraktion am 30. November 2018 hat sich das Präsidium mit einem Brief an den Geschäftsführenden Parteivorstand gewandt, der allen Mitgliedern des Bundesausschusses zur Kenntnis gegeben worden ist. In dem Brief ging es um die Beantwortung der Frage, ob die Beratung dem Anspruch des Leipziger Parteitages gerecht wurde. Eingeschätzt wurde von uns, dass die Mehrheit an einer Konfliktlösung interessiert ist, die inhaltlichen Gemeinsamkeiten und inhaltlichen Konflikte deutlich wurden und einige strittige Aussagen auf unterschiedliche Sichtweisen bzw. Auslegungen beruhen. Deutlich wurde aber in einigen Beiträgen, dass die Auseinandersetzung von offensichtlichen Machtkämpfen geprägt ist.
Weiterhin stellte sich für uns die Fragen, ob das vorgelegte Papier der Parteivorsitzenden und der Fraktionsvorsitzenden
- ein gemeinsamer Beschluss werden soll und wenn ja, wie der Prozess durch den Parteivorstand bis zum Bonner Parteitag geführt wird oder
- ob es zur Kenntnis genommen wird und wir auch in Kenntnis der Tatsache, dass es nicht nur in dieser Frage unterschiedliche Positionen gibt, gemeinsam lernen müssen, damit umzugehen.
Die Antwort auf unseren Brief liegt vor, wir werden ihn den Mitgliedern des Bundesausschusses zur Kenntnis geben und in unsere weitere Diskussion mit einbeziehen.
Um unserer Verantwortung im Hinblick auf die Frage der weiteren Entwicklung unserer Partei gerecht zu werden, planen wir das Thema Parteientwicklung im März auf die Tagesordnung zu setzen. Im Mittelpunkt steht die seit Jahren in der Partei/im Bundesausschuss diskutierte Frage der Ursachen für die unterschiedliche Entwicklung der Landesverbände unserer Partei bzw. die Behauptung, dass wir in der Partei einen Ost-West-Konflikt haben. Eine entsprechende Analyse, die diese Situation bewertet/ihre Ursachen konkret benennt, wurde bislang nicht vorgenommen, obwohl sich der Bundesausschuss mit konkreten Beschlüssen um eine entsprechende Debatte/Auseinandersetzung bemüht hat (Analyse der gefassten Beschlüsse in den Landesverbänden, Diskussion im Bundesausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichen Landesverbände). Wir sind aber davon überzeugt, dass diese Debatte notwendiger denn je ist und der Bundesausschuss entsprechend der festgelegten Aufgaben in der Satzung seinen Beitrag dazu leisten sollte.
Wir hoffen, dass sowohl der Parteivorstand als auch die Landesverbände ihren Beitrag dazu leisten, die von uns gestellten Fragen im Hinblick auf Mitgliederentwicklung/Entwicklung der Finanzen/Beitragsentwicklung, der Darstellung der Entwicklung der Strukturen und Entwicklung der Ergebnisse bei den Wahlen in den Landesverbänden seit der Gründung der Partei DIE LINKE (Kreistag/Landtag/ Bundestagswahlen Wahlen zum EP) beantworten werden und dass es uns gelingen wird, mögliche Schlussfolgerungen zu ziehen, die wir dann dem Parteitag im nächsten Bericht präsentieren werden.