Verändert Europa! Für eine alternative Europapolitik!
Stellungnahme des Ältestenrates zum Madrider Kongress der Europäischen Linken (EL)
Das Motto des Madrider Kongresses der Europäischen Linken (EL) stand auch im Mittelpunkt der Debatte des Ältestenrats am 19. Dezember 2013 zur Auswertung des Kongresses.
Grundlage waren Berichte der Kongressteilnehmer Claudia Haydt, wiedergewählt in den Vorstand der EL, Heinz Bierbaum, Mitglied des GfPV, und Oliver Schröder, Leiter des Bereiches Internationale Politik. Sie informierten über die Beratung und die Wahlen in Madrid.
Auf dem Kongress wurde ein nach intensiver Debatte in Mitgliederparteien der EL entstandenes zentrales "Politisches Dokument" diskutiert und als Arbeitspapier von über 93% der Delegierten verabschiedet. Außerdem beschloss der Kongress sechs thematische Schwerpunkte für den Europawahlkampf und entschied in diesem Zusammenhang, den Vizepräsidenten der EL Alexis Tsipras (SYRIZA - Griechenland ) als gemeinsamen Kandidaten für die Wahl zum Kommissionspräsidenten der EU aufzustellen. Damit bekommen der Europawahlkampf der LINKEN und das Konzept eines anderen Europa ein "Gesicht"!
Der Ältestenrat bittet den Parteivorstand die wichtigsten Aussagen des Kongresses schriftlich und in Mitgliederversammlungen in der Partei bekannt zu machen.
Um einen ständigen linken Diskussionsprozess zu gestalten beschloss der Kongress weiter, ein jährlich tagendes "Forum der Alternativen" zu gründen, zu dem auch Teilnehmer über die EL hinaus eingeladen werden sollen.
Schließlich wurde eine neue kollegiale Präsidentschaft mit Pierre Laurent (Kommunistische Partei Frankreichs) als (wiedergewähltem) Präsident und vier weiteren Vizepräsidenten aus Griechenland, Spanien, Portugal, Bulgarien sowie Dieter Dehm (DIE LINKE - Deutschland) als Schatzmeister gewählt.
In der intensiven Diskussion des Ältestenrates wurden jene Ergebnisse des Kongresses hervorgehoben, die aus unserer Sicht besonders bedeutsam für die Entwicklung der Partei DIE LINKE und ihr politisches Wirken vor allem in der Vorbereitung der Europawahlen sind. Die Tatsache, dass alle Entscheidungen des Kongresses mit in der Regel 80% und zum Teil mehr Zustimmung getroffen wurden, verdeutlicht den Willen der Mitgliedsparteien zu gemeinsamen Handeln. Obwohl es zu verschiedenen Problemen unterschiedliche Auffassungen und Standpunkte gab und sicher auch weiter gibt, gemeinsam war der Wille: Verändert Europa! Und dazu braucht es eine starke Linke, eine Linke, die Politik für die Menschen macht! Dieses Ergebnis ist ein Zeichen für die Entwicklung der EL und für die Linke in jedem einzelnen europäischen Land!
Das "Politische Dokument" skizziert, vor welchen Aufgaben die Europäische Linke steht und welche Rolle sie in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen spielen will. Es versteht sich als programmatische Grundlage für die kommenden zwei Jahre. In ihm wird begründet, dass die Europäische Union (EU) in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit mit den entsprechenden Institutionen keine geeignete Grundlage für eine solidarische Entwicklung der EU und für eine Partnerschaft mit ihren europäischen Nachbarn darstellt. Der Lissabon- Vertrag ist dafür das grundlegende Hindernis, er verhindert ein demokratisches und soziales Europa, wie wir Linke es wollen, denn sein Ziel ist, nicht den Menschen, sondern en Märkten zu dienen.
Ein Neustart ist erforderlich! Ohne eine fundamentale Neugründung der Europäischen Union und ihrer Strukturen wird es keine Zukunft für ein solidarisches, friedliches, demokratisches Europa geben! So lautet die Forderung des Kongresses. Die entscheidende Konsequenz für die linken Kräfte und Parteien in Europa ist: Wer die EU in diesem Sinne verändern will, muss in den beteiligten Staaten für entsprechende Veränderungen kämpfen. Zentrales Moment dieser Kämpfe muss sein: Herstellung demokratischer Souveränität, denn Demokratie verliert ihren Wert, wenn Troika, Finanzmärkte und Banken mehr Macht haben als gewählte Regierungen.
Vor allem die deutsche Bundesregierung unter Angela Merkel hat einen solchen antidemokratischen Prozess in der EU besonders intensiv vorangetrieben. Ihre Vorreiterrolle dabei ist nicht zu übersehen und wird von Regierungen anderer Länder mit Argwohn verfolgt. Diese Rolle erfordert eine prinzipielle Kritik und Bekämpfung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durch die deutsche Linke, allen voran durch unsere Partei DIE LINKE. Das gilt auch für eine kritische Sicht auf die neue Regierung der Großen Koalition.
Aus der grundlegenden Ablehnung der jetzigen Vertragsgrundlagen und der politischen Praxis der EU sowie der Forderung nach einem "Neustart" der EU durch die Europäische Linke leitet der Ältestenrat die Empfehlung ab, den für den Hamburger Parteitag vorgelegten Entwurf des Europawahlprogramms, in dem Ansätze einer solchen Position durchaus enthalten sind, grundsätzlich zu überprüfen und in Solidarität und Übereinstimmung mit den Positionen der EL unsere Position deutlicher und akzentuierter zu formulieren und damit den Aktivitäten der Partei in den kommenden Monaten zugrunde zu legen.
In der Debatte des Ältestenrates wurde auch mehrfach darauf hingewiesen, dass unserer Partei eine große Verantwortung für die Entwicklung der "Europäischen Linken" obliegt und daraus folgend auch ein größeres Engagement in den Gremien der EL und als Mitglied der EL in der europäischen Öffentlichkeit erforderlich ist. Das sollte sich nicht zuletzt sowohl in der Arbeit des Parteivorstandes als auch in anderen Gremien der Partei, wie z.B. in den bundesweit wirkenden Arbeitsgemeinschaften und Zusammenschlüssen, widerspiegeln.
In Publikationen der Partei wird zwar manches über die EU und das Wirken unserer Abgeordneten dort kommuniziert, aber über die EL-Partei ist kaum etwas zu lesen.
Entscheidungen der EU-Institutionen greifen über die Bundesebene bis in die Länder, Städte und Gemeinden ein. Im Europawahlkampf wie bei den Landtags- und Kommunalwahlen im Jahr 2014 sollte mehr als bisher den Bürgerinnen und Bürgern durch Abgeordnete und Kandidaten unserer Partei bewusst gemacht werden, wie tief die EU-Politik sich auf unser alltägliches Leben auswirkt.
Nur mit einer alternativen Europapolitik wird es der Europäischen Linken gelingen, Europa zu verändern.