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Ältestenrat

Gedanken zur aktuellen Lage in der LINKEN – Zeit zu einem solidarischen Dialog

Positionspapier des Ältestenrates

Die Aufgaben des Leipziger Parteitages gemäß der Satzung einen neuen Vorstand zu wählen, die aktuelle Grundausrichtung der Partei zu beraten und mit einem Leitantrag zu beschließen sowie Rechenschaft entgegenzunehmen wurden erfüllt.

Die Realität der BRD mit einer Krise bei der Regierungsbildung, die Schärfe der Aufrüstungsstrategie für Kriegsbereitschaft und der großen Unterschiedlichkeiten in der EU wurden kaum analysiert.

Die Vielfalt der Debatten an der Basis der Partei fanden kaum Aufmerksamkeit, während Gegensätze unter den Führungskräften in einer Art und Weise ausgetragen wurden, die nur schädlich sein dürften.

Zur Friedensfrage fehlten Einschätzungen der gegenwärtigen Kriegsereignisse und -gefahren sowie ihrer Ursachen. Davon ableitend gelang es dann auch nicht, Vorschläge und Maßnahmen für einen breiten und konsequenten Friedenskampf zu entwickeln.

Der Prozess zur Entwicklung einer linken Sammlungsbewegung wurde von keiner Seite, die darüber eine breite "Für- oder Gegendebatte" auslöste und führte, als Thema des Parteitages beantragt. Es ist höchste Zeit, die Beteiligung von 100.000 Bürgerinnen und Bürgern an der Sammlungsbewegung als Stärkung der Linken positiv zur Kenntnis zu nehmen, zumal sich unter den Teilnehmern von "Aufstehen" viele Mitglieder der Linkspartei befinden, die die Haltung der zwei Vorsitzenden und den von einer Mehrheit des Parteivorstandes angenommenen Beschluss nicht verstehen. Wo Kooperation für eine starke LINKE angesagt wäre, blieben Gegensätze im Raum. Sie werden nicht über Schuldzuweisungen zu klären sein. Es geht um eine strategische Zukunftsfrage der LINKEN überhaupt, die nun gewollt oder nicht gewollt im Zentrum eines linksorientierten Prozesses steht. Auch für uns im Ältestenrat ein Prozess, an dem wir laut Satzung aufgefordert sind, an einer öffentlichen Debatte teilzunehmen.

Der letzte Eindruck einer Gemeinsamkeit der Vorsitzenden der Partei und der Bundestagsfraktion verbreitete Erwartungen für gemeinsames politisches Handeln und Auftreten zur Stärkung der Partei DIE LINKE und für wachsende Zustimmung in einer breiteren Wählerschaft. Zwei Monate nach dem Parteitag haben sich solche Erwartungen bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil - es bleibt zu prüfen, warum bis in die Landesverbände diese Erwartungen nicht erfüllt bzw. nicht beachtet werden.

1. Der neue Parteivorstand hat sich leider bisher seiner Verantwortung zur zielstrebigen Führung eines breiten Dialogs in der Partei nur ungenügend gestellt.

Der Geschäftsführende Parteivorstand zeigt sich bemüht, Beschlüsse des alten Parteivorstandes über eine Zukunftswoche und der Durchführung von Aktionen für bessere Pflege und zur Mietenfrage durchzusetzen. Die Fraktionen im Bund und in den Ländern befanden sich in einer "Sommerpause" der Politik und des eigenen Handelns.

Am Beginn des neuen Parlamentsjahres setzten sich Krisenerscheinungen in der Regierungspolitik fort, die bis zur Frage einer Neuwahl im Raum standen.

Die mit großen Anstrengungen geführten Wahlkämpfe in Hessen und Bayern zeugen davon, wie Gemeinsamkeit die Kräfte der Partei stärken kann.

2. Es gab nach dem Leipziger Parteitag eine Vielzahl von Aktivitäten in der Partei und der Gesellschaft. Mit der "Linken Woche der Zukunft" wurde mit Nachdenklichkeit besonders in den Bereichen soziale Ungleichheit und Klimafragen diskutiert. Weniger Beachtung fanden Fragen einer Zukunftsvision und die gefährlichen Bedrohungen durch Aufrüstung und Krieg. Der Der neue Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit und die darin enthaltenen Aussagen über eine rechtliche Ungleichstellung zwischen ost- und westdeutschen Bürgern fordert DIELINKE heraus, die Interessen der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger mit größerer Entschiedenheit zu vertreten. Die Landesregierungen mit Führung oder Teilnahme der Partei DIE LINKE und die Parteivorstände dieser Länder sollten diesen Bericht für die weitere Gestaltung der Landespolitik und notwendiger Initiativen im Bundesrat gründlich auswerten und notwendige Schlussfolgerungen ziehen.

3. Die politischen Verhältnisse in der bundesdeutschen Gesellschaft befinden sich in einem Prozess der Instabilität und des Wechsels. DIE LINKE ist daran, trotz sinkender gesellschaftlicher Bedeutung, beteiligt. Die GroKo versucht einerseits die Gegensätze zwischen CDU/CSU und SPD zu überspielen und andererseits versucht die SPD trotzdem an Profil zu gewinnen, um wieder Vertrauen und Wählerzustimmung zu gewinnen.. Nahles als Vorsitzende hält sich zurück. Im Feld zwischen sozialer Politik geht die Tendenz zur Anpassung und aushebeln der Aktivitäten der LINKEN weiter und in der Außenpolitik gibt die Kanzlerin die Richtung vor. Ohne Not, aber um Regierungsteilnahme zu sichern reden Kräfte aus der LINKEN mit der CDU über Koalitionsfragen. Sie reden sich die Ergebnisse unserer Regierungsteilnahme nur schön, ohne Bereitschaft eigenen Hinterfragens.. Die Grünen stärken ihre Bereitschaft gegenüber der CDU. Die Zustimmung zur AfD wächst unter diesen Bedingungen weiter, wie Umfragen zeigen. Wachsende Teile der Bevölkerung nehmen diese Haltung noch nicht vor allem als Zustimmung zur AfD ein, sondern als Ausweg gegen politische Instabilität der Parteien und Gesellschaft. Es entwickelt sich eine neue Qualität rechter Positionen, die bis in weite Teile staatlicher Verwaltungen reicht. Die Gefahr einer Rechtsentwicklung wie in Österreich, Frankreich, Ungarn u. a. wächst so ständig weiter. DIE LINKE hat noch die Chance, ihre Führungsstrukturen so einzusetzen, dass sie politische Handlungsfähigkeit erreicht oder die Gegensätze gehen in einen Prozess des Zerfalls über, was in Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland bereits geschehen ist bzw. weiter geschieht.

4. Die im schriftlichen und mündlichen Bericht des Ältestenrates an den Parteitag dargelegten Schwerpunkte werden weiter im Mittelpunkt unserer Bemühungen und unseres Dialogs stehen.

Im Zusammenwirken mit dem Bundesausschuss sollen zwei Bemühungen im Mittelpunkt stehen. Die Initiative für ein "Zukunftsprojekt Ostdeutschland" und ein Mitwirken am Projekt für die Wahlen zum Europäischen Parlament.

Die Frage "Ostdeutschland" scheint äußerst kompliziert. Es gibt keine laute oder öffentliche Ablehnung, aber es wird auch nichts Konstruktives getan. Eine Analyse der Situation erfolgt nicht, weil davon natürlich auch die eigene Tätigkeit in den Landesregierungen betroffen wäre. Selbst Anfragen im Bundestag und verschiedenste Studien finden in der Politikgestaltung der LINKEN kaum Beachtung. Es bleibt zu prüfen, wie wir vom Ältestenrat die eigene Aussage fortsetzen könnten.

Die Europawahl berührt alle Elemente einer Linkspolitik und der Personenpolitik für die EU. Da der Ältestenrat seit längerer Zeit Positionen zur EU-Frage bezogen hat, bleibt er hier auch aktuell in einer Pflicht. In der nächsten Beratung des Ältestenrates sollten Fragen der Europapolitik und der Wahlen zum Europäischen Parlament im Mittelpunkt stehen.