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Erste Einschätzung des Bielefelder Parteitages

Information des Ältestenrates für den Parteivorstand

Aus welchen Gründen auch immer sind wesentliche Probleme der Strategie, der aktuellen Politik und der weiteren Entwicklung der Partei offen geblieben bzw. gegensätzlich in den Raum gestellt worden. Der noch amtierende Ältestenrat wird sich am 9. Juli mit der Auswertung des Parteitages und soweit es seine jetzigen Mitglieder betrifft, mit einer neuen Berufung beschäftigen.

Ausgehend vom Bericht des Ältestenrates, der Beratung und den Dokumenten des Parteitages ergeben sich Fragen und Herausforderungen an DIE LINKE, auf die wir im Ältestenrat im Prozess der Auswertung des Bielefelder Parteitages unserer Aufmerksamkeit richten wollen.

1. Wie der aktuelle Verlauf der Ereignisse zeigt, wachsen die Gefahren, die gewaltsamen Konflikte in der Welt in einen noch größeren Krieg, als in Afghanistan, zu verwandeln. Auch wenn das Thema Krieg und Frieden auf dem Parteitag angesprochen wurde, bleiben seine Aussagen hinter der Schärfe der Bedrohungen und der wachsenden Rolle der deutschen Militärmacht, ihrer Aufrüstung, des Rüstungsexports und dem Bestreben nach einer Europaarmee mit bestimmenden Einfluss der BRD zurück. Die Frage nach Wesen und Charakter einer Friedenskonferenz müsste bald beantwortet werden.

2. Im Jahre 2016 werden in 5 Ländern, 2017 in 3 Ländern und der Bundestag gewählt. Da die Rede Gregor Gysis mit 58 % für und 42 % gegen, als eine abschließende Orientierung für die Partei gesetzt wurde, hat sie wesentliche Aussagen getroffen, die nun im Raum stehen.

  1. Will DIE LINKE die guten Seiten des Kapitalismus stärken und im Rahmen der damit überwundenen schlechten Seiten des Kapitalismus ihren Platz in der Gesellschaft bestimmen? Eine wirkliche antikapitalistische Alternative bringt sie nicht zur Entfaltung.
  2. Richtet DIE LINKE ihre politische Strategie auf einen Wahlkampf in den Ländern und im Bund auf ein Rot-Rot-Grünes Bündnis im Wesen der Aussagen aus?
  3. Erfordern solche Aussagen nicht die noch immer offene politische Analyse aus den Phasen eines Mitregierens der PDS bzw. der Partei DIE LINKE?

3. Im Bericht des Ältestenrates sind kurze Anmerkungen enthalten, die weitere Beachtung finden sollten:

  1. Wird DIE LINKE einen offenen Dialog führen und welche inhaltlichen Fragen sollten dabei Gegenstand sein? Zukunft als doppelte Transformation, ausgehend von einer kritischen Kapitalismusanalyse oder als Ideendebatte mit geringem Realitätsbezug?
  2. Die Beratung des Parteitages hatte keine Nähe zum Parteileben und der weiteren Parteientwicklung. Der alte Delegiertenschlüssel beruht auf einer Mitgliederzahl von 63.000, der neue Schlüssel geht von 57.000 Mitgliedern aus. Gemessen an der Durchschnittshöhe des Mitgliedsbeitrages im Vergleich zu anderen Parteien gibt es eine beachtliche Verbundenheit mit der Partei.
  3. Wie ist das demokratische Leben und das Mitbestimmen im Wechselverhältnis zwischen Basis und Leitungsebenen zu verbessern, um Bereitschaft für Mitarbeit zu erwirken und die Mitgliedschaft zu halten?

4. Als Lehre aus dem Bielefelder Parteitag und des Kongresses des Studierendenverbandes SDS sollte die Interessenvertretung der jüngeren Generation stärker bestimmt und in der Durchsetzung stärker vertreten werden. Wie könnten die Probleme der Jugend einen nachhaltigeren Platz in der Politik und im Leben der Partei spielen?

Unter Beachtung solcher Probleme, sollte die Berufung des Ältestenrates im Prozess der Auswertung des Bielefelder Parteitages bis Oktober vorbereitet und im Oktober vollzogen werden.