Zum Hauptinhalt springen
betrieb & gewerkschaft

Organisierte Lohndrückerei

Klaus Ernst

Die Leiharbeitsbranche boomt und spielt inzwischen eine fatale Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Während die Arbeitgeber davon profitieren, haben eine Million Leiharbeiter das Nachsehen: Sie werden mit Dumpinglöhnen abgespeist, haben schlechtere Arbeitsbedingungen und ein höheres Krankheitsrisiko. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, nach kurzer Zeit erneut arbeitslos zu sein, ist sehr hoch. Hieraus den Absprung zu schaffen, gelingt den Wenigsten. Meine letzte Anfrage im Bundestag hat bestätigt, dass Leiharbeit durch sehr kurze Einsätze geprägt ist. Knapp mehr als die Hälfte der beendeten Arbeitsverhältnisse dauern weniger als drei Monate. Während ein Stammbeschäftigter in Vollzeit durchschnittlich 3.133 Euro im Monat verdient, bleiben dem Leiharbeiter für die gleiche Arbeit 1.816 Euro. Die Hälfte der Leiharbeiter, deren Einsatz beendet wurde, ist nach 30 Tagen noch immer ohne Arbeit. Nur jeder Vierte hat im gleichen Zeitraum einen Job jenseits der Leiharbeit gefunden. Jeder Fünfte, der aus der Arbeitslosigkeit in Arbeit kommt, landet über Vermittlungen durch die Jobcenter und Arbeitsagenturen direkt wieder in der Leiharbeit und fängt bei null an.

Sozial gerecht geht nur mit DIE LINKE

Die SPD hätte letztes Jahr die Chance gehabt, Leiharbeit schärfer zu regulieren. Stattdessen hat sie die Lage per Gesetz noch verschlechtert. Dabei wäre es mit uns jedoch möglich gewesen, Leiharbeit mindestens so zu regulieren wie in Frankreich: Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit ab dem ersten Einsatztag – plus zehn Prozent Flex-Zuschlag. Hätten wir zumindest schon mal das, würde der ein oder andere Arbeitgeber vielleicht davon absehen, Leiharbeiter in seinen Betrieb zu holen und stattdessen das tun, was er eigentlich soll – nämlich die Leute fest einstellen.

Leiharbeit hat sich als prekäre Beschäftigungsform etabliert und ist geprägt durch kurze, sich aneinander reihende Arbeitsverhältnisse mit niedrigen Löhnen. Wen wundert es da noch, dass Leiharbeiter häufiger krank sind? Sie bekommen in der Regel die schlechteren Jobs und die körperlich schwerere Arbeit. Zusätzlich haben sie mit psychischen Belastungen zu kämpfen. Denn sie leben in einer unsicheren Situation und wissen nicht, wie lange sie im jeweiligen Betrieb tatsächlich beschäftigt sind. Sie verdienen weitaus weniger. Auch das belastet, wenn man nicht weiß, wie man mit weniger Geld seine Miete zahlen kann, sein Leben einigermaßen vernünftig organisieren kann. Leiharbeiter leben in permanenter Unsicherheit und in Sorge. Das alles führt mich zu dem Fazit, dass Leiharbeit überflüssig ist wie ein Kropf. Leiharbeit gehört verboten. Dazu finden wir bisher keinen Partner.

Klaus Ernst ist stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Mitglied der IG Metall