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Eine starke Friedensbewegung für zivile Alternativen zu Aufrüstung, Eskalation und Militarisierung

Beschluss des Bundesausschusses vom 4. März 2023

Vor mehr als einem Jahr überfielen russische Truppen die Ukraine. Putins Angriffskrieg kostet Hundertausenden Menschen das Leben, Millionen sind seitdem auf der Flucht. Die Zivilbevölkerung leidet unter den Auswirkungen des Krieges, in dem russische Truppen gezielt Infrastruktur zerstören. Es muss alles dafür getan werden, damit dieser Krieg schnell endet. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine. Wir stehen zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und fordern die Bestrafung der Kriegsverbrechen und den sofortigen Rückzug der russischen Truppen. Russland muss seine Truppen aus den seit dem 24. Februar 2022 besetzten Gebieten zurückziehen sowie die Angriffe auf die zivile Infrastruktur des Landes sofort einstellen.

Dieser Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden. Die Bundesregierung ist mit ihrem militärischen Tunnelblick auf einem falschen Weg. Als LINKE stehen wir für zivile Alternativen zu einem langen Abnutzungskrieg, zur Eskalation von Waffenlieferungen und Aufrüstung. Denn davon profitieren vor allem die Rüstungskonzerne. Neben der militärischen Logik ist bisher kein politischer Ansatz der Ampel-Regierung zu erkennen, die Eskalationsspirale dreht sich nach oben. Hinter den Lieferungen von immer mehr und immer schwereren Waffen steht keine Strategie und Perspektive für die Ukraine. Die Situation kann in eine gefährliche Rutschbahn geraten und der Krieg sich über die Ukraine hinaus ausweiten. Der kriegsverharmlosende Ton der Ampel-Regierung ist erschreckend, besonders aus den Reihen von FDP und Grünen, für die Leopardpanzer als Internetwitz taugen. Als DIE LINKE widersetzen wir uns dieser sprachlichen Verrohung, der Militarisierung unserer Gesellschaft und der internationalen Eskalationsspirale.
Denn es gibt zivile Alternativen, um Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die vorhandenen Sanktionen etwa werden nur halbherzig umgesetzt. In Russland gibt es über 20.000 Multimillionäre. Sie sind die Profiteure von Putins Regime. Allerdings wird nur ein kleiner Teil von ihnen überhaupt sanktioniert. Belgien hat im Verhältnis zu Deutschland viel mehr Oligarchenvermögen eingefroren. Wir haben hierzulande immer noch unzureichende Transparenzvorschriften, was den Besitz von Eigentum angeht. Eigentümerstrukturen sollen im Vagen bleiben, damit die Superreichen weiter ihre Geschäfte machen können. Offenbar sind Waffenlieferungen da für manche die bequemere Variante. Wir sagen dagegen: Statt immer mehr Waffen braucht es gezielte Sanktionen gegen die russische Machtelite und Russlands militärisch-industriellen Komplex und damit gegen dessen Fähigkeit zur Kriegsführung. Gleichzeitig braucht es klare Bedingungen für die Aufhebung der nach dem 24. Februar beschlossenen EU-Sanktionen – sie sollten aufgehoben werden, wenn sich das russische Militär auf seine (offiziellen) Positionen vom 23. Februar zurückzieht und damit die UN-Resolutionen umsetzt.

Auch der diplomatische Druck auf Russland muss im Rahmen einer internationalen Friedensoffensive massiv verschärft werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich dem Vorschlag des brasilianischen Präsidenten Lula anzuschließen und einen „Friedensklub“ unter Beteiligung Chinas zur Beendigung des Krieges zu unterstützen. Bisher tut sie das nicht. Man traut sich offenbar nicht aus der globalen Konfrontationspolitik der USA gegenüber China auszuscheren. Ein Waffenstillstand ist geboten. Außerdem müssen Kriegsdienstverweigerer endlich umfassend geschützt werden. Wir fordern von der Bundesregierung, Asyl für Deserteure und Geflüchtete endlich unbürokratisch sicherzustellen.

Die vor einem Jahr von Bundeskanzler Scholz proklamierte „Zeitenwende“ ist die falsche Reaktion auf den Krieg. Die Welt bewegt sich auf eine neue Qualität konfrontativer Politik zu, in der
Vormachtstellungen immer schneller auch mit militärischen Mitteln durchgesetzt werden. Für die Bekämpfung der Klimakatastrophe, die nur mit internationaler Kooperation gelingen kann, eröffnet diese verschärfte Blockkonfrontation düstere Aussichten. Das Sondervermögen ist das größte Aufrüstungsprogramm seit dem Zweiten Weltkrieg. Währenddessen machen Konzerne und ihre Aktionäre Milliarden Übergewinne, die von der Bundesregierung kaum angetastet werden. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius verlangt sogar, das Sondervermögen von 100 auf 300 Mrd. EUR zu erhöhen. NATO-Staaten sollen nach Vorstellungen einiger Politiker*innen zukünftig das 3-Prozentziel für Militärausgaben in den nationalen Haushalten anstreben. Mehr Waffen machen die Welt nicht sicherer. Die drohende Perspektive ist im Moment ein neues Wettrüsten. Dabei wäre das Geld in einer Investitionsoffensive für Bildung, Gesundheit und den sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft besser angelegt. Wir fordern internationale Investitionen in einen guten Lebensstandard und eine gute Daseinsvorsorge für alle – das schafft langfristig Sicherheit.

All das zeigt: Es gibt mehr als genug Gründe gegen die Politik der Bundesregierung auf die Straße zu gehen. An vielen Orten ist DIE LINKE Teil entsprechender Bündnisse und Aktionen. Seit Monaten kritisieren wir den militärischen Tunnelblick der Bundesregierung und schlagen konkrete Alternativen vor. In letzter Zeit haben verschiedene Initiativen und Debattenbeiträge gezeigt, dass immer mehr Menschen Zweifel an der Ampel-Politik und Angst vor einer Ausweitung des Krieges haben. Diese Sorgen sind berechtigt und wichtig für eine demokratische Debatte über Wege aus diesem schrecklichen Krieg. Wir weisen es aufs Schärfste zurück, die Forderungen nach nicht militärischen Lösungen als naiv abzutun oder einfach alle Menschen als Putin-Anhängsel zu verunglimpfen.

Zugleich haben die letzten Wochen aber auch gezeigt, dass AfD, Rechte und Querdenker massiv versuchen, Friedensproteste für ihre antidemokratischen Ziele zu vereinnahmen. Solchen Bestrebungen erteilen wir eine klare Absage. In den letzten Wochen wurde deutlich: Eine wirksame Friedensbewegung muss klar an der Seite der Angegriffenen stehen und deutlich machen, dass es Druck auf Putin braucht und zivile Alternativen zur Eskalation von Waffenlieferung und Aufrüstung aufzeigen. Für uns gilt der Schwur von Buchenwald, dass die Forderungen "Nie wieder Krieg" und "nie wieder Faschismus" zusammengehören. In dieser antifaschistischen Tradition steht unsere Partei.

In diesem Sinne rufen wir dazu auf die kommenden Ostermärsche zu nutzen um eine starke Friedensbewegung auf die Straße zu tragen, die an der Seite der Angegriffenen steht, zivile Alternativen zu Aufrüstung, Eskalation und Militarisierung stark macht und inhaltlich wie praktisch eine klare Kante gegen rechts zeigt. Dafür werden die Parteigliederungen aufgerufen in demokratischen Bündnissen aktiv zu werden. Die Bundesgeschäftsstelle wird entsprechende Materialien bereitstellen.