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DIE LINKE und der Antifaschismus: Der 8. Mai muss Feiertag werden!

2022/G06 - Beschluss des Bundesausschusses vom 20. November 2022

Am 8. Mai 1945 siegte die weltumspannende, weltanschauungsübergreifende Allianz der Solidarität und Humanität über die faschistische Barbarei Nazi-Deutschlands, die brutalste Form bürgerlicher Herrschaft. Zweiter Weltkrieg und Shoah, millionenfachen Mord, Massenvernichtung und Gewaltherrschaft, in denen über 60 Millionen Menschen, davon 20 Millionen Sowjetbürgerinnen und -bürger und 6 Mio. Juden und Jüdinnen, umgebracht wurden, konnten erfolgreich beendet werden. Die Befreiung wurde mit weitreichenden Schlussfolgerungen für ein ziviles und demokratisches Zusammenleben in sozialer Gerechtigkeit weltweit errungen. Davon zeugt allein schon die UNO und ihre Charta.
Die Holocaust-Überlebende und humanistische Kämpferin gegen Faschismus und Unrecht Esther Bejarano sprach dazu am 3. Mai 2021 in Hamburg und gab uns kurz vor ihrem Tod ihr Vermächtnis mit auf den Weg: „Mein größter Wunsch für den heutigen Tag war, noch einmal zu erleben, wie Amerikaner und Russen sich wie damals in Lübz umarmen und küssen und gemeinsam das Ende des Krieges feiern! Den FRIEDEN feiern!“

Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!

Diese Hoffnung ist uneingelöst und daher der Auftrag an uns. Wir nehmen ihn an. Die großen globalen Probleme unserer Zeit – soziale Ungleichheit, Krieg und Flucht, Umweltzerstörung, Entdemokratisierung und extreme Rechte – resultieren aus der noch nicht vollendeten Befreiung. Als Konsequenz aus zwei imperialistischen Weltkriegen, die von deutschem Boden ausgingen, aus kolonialistischer Ausbeutung und globaler Konkurrenz flossen die Ansprüche der Befreiung – Völkerfreundschaft, Frieden und Zusammenarbeit – in die UN-Charta, die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ und das Grundgesetz, in erster Linie das Friedensgebot, demokratische Grundrechte, das Sozialstaatsgebot, die Möglichkeit der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln, keine Armee, das Verbot von Angriffskriegen und ein weitreichendes Asylrecht.  Das ist der Entwicklungshorizont für unsere vielfältigen Aktivitäten für Emanzipation und sozialen Fortschritt – heute erst recht und überall: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen“ (Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte).

77 Jahre nach der Befreiung erklärt DIE LINKE in Erinnerung an die Verbrechen der Nazis, an ihre Opfer und die Widerstandskämpfer:innen überall auf der Welt, den 8. Mai zum gesetzlichen Feiertag für die tätige Erinnerung machen zu wollen, damit nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg ist.

Wehret den Anfängen!

Unser Augenmerk muss der AfD gelten. Sie lehnt die Bedeutung des 8. Mai ab, weil sie Nazi-Diktatur und Weltkriege beschönigt und die Konsequenzen negiert. Ihr aufhaltsamer Aufstieg ist begründet in einer Reaktion auf die tiefgreifende Krise des neoliberalen Kapitalismus und seiner Eliten, um ihren Machterhalt zu sichern. Sie ist eine extrem spießige Anti-68er-Partei – mit individualisierender Eigenverantwortungs- und enger Familienideologie, damit die Menschen nicht gemeinsam aufbegehren, sondern privat, brav und vereinzelt bleiben. Nationalismus und Konkurrenz, Ungleichheit und Autoritarismus, Militarismus und Geschichtsrevisionismus sind ihr Wesenskern. Sie ist Produkt verrohter Bedingungen und gleichzeitig deren Schrittmacher.

Vorwärts und nicht vergessen!

DIE LINKE ist entschiedene Gegnerin der AfD und aller Nazi-Organisationen. Die Würde des Menschen ist unantastbar! Das tätige Erinnern an die Verbrechen der Nazis und das Wirken für die uneingelösten Hoffnungen der Verfolgten, der Gegner:innen und Befreier:innen des faschistischen Systems ermuntern uns und sind uns Verpflichtung, gemeinsam mit Gewerkschaften, Verbänden und zivilgesellschaftlichen Bündnissen als Einheit um soziale Verbesserungen, zivile Entwicklung und antifaschistisch zu kämpfen. Wir wollen die solidarische Alternative zur propagierten Alternativlosigkeit des neoliberalen Kapitalismus bilden. Mit Aufklärung und Ermunterung kämpfen wir um die Köpfe, auf der Straße, in den Betrieben, Bildungs- und Kultureinrichtungen und im öffentlichen Diskurs: Sodass die Vielen ihre Lage erkennen und ihre Sache gemeinsam in die Hand nehmen.

Wir wenden uns auch gegen den Versuch, aus der Erfahrung des Faschismus heutige Kriege und Kriegsvorbereitungen zu legitimieren. Die Schlussfolgerungen aus 1945 sind gerade darauf gerichtet, „künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren“ (Präambel der UN-Charta, 1945). Zu Diplomatie und Verhandlungen, zu ziviler Konfliktlösung und Völkerverständigung gibt es keine Alternative – es sei denn Krieg mit der Möglichkeit der atomaren Vernichtung der Menschheit. Die Logik des Krieges muss der Logik des Friedens weichen. Dafür setzen wir uns ohne Wenn und Aber ein.

Wir kämpfen für die Erfüllung des Potsdamer Abkommens der Siegermächte und Befreier vom 2. August 1945 heute: Denazifizierung durch Verbot der NPD, Abschaffung des Verfassungsschutzes und konsequente Aufklärung der Morde des NSU, in Halle und in Hanau! Demilitarisierung durch konsequente Abrüstung, Rüstungsexporte stoppen und Diplomatie befördern statt Aufrüstung und Völkerhass. Demonopolisierung für die demokratische Kontrolle wirtschaftlicher Macht, wie überhaupt die Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche zur solidarischen Teilhabe aller! Wir wirken insbesondere für die (Wieder-)Herstellung aller Grundrechte und die Ausweitung auf den Sozialbereich, inklusive der Wiederherstellung des Asylrechts.

DIE LINKE ruft zu antifaschistischen Aktivitäten und zur Beteiligung am Tag der Befreiung auf. Wir wirken auf allen Ebenen, außerparlamentarisch in breiten Bündnissen und parlamentarisch, dafür den 8. Mai zum Feiertag des Antifaschismus, des Friedens, der Völkerverständigung und des Lernens aus der Geschichte zu machen!